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Discountbroker

Die ersten Discountbroker: So änderte sich der Wertpapierhandel für Privatanleger

1994 starteten mit der Direkt Anlage Bank und Consors kurz hintereinander die ersten deutschen Discountbroker. Sie veränderten den Wertpapierhandel für Privatanleger von Grund auf. Mitarbeiter der ersten Stunde und der Chef von heute blicken zurück - und voraus in die Zukunft des Brokerage.

22.08.2019 | 10:45 Uhr von «Brigitte Watermann und Martin Reim»

Durchaus hellsichtig hieß es in Ausgabe 21/1994 von BÖRSE ONLINE: "Eine Tochter der Hypo-Bank läutet jetzt ein neues Zeitalter im deutschen Wertpapiergeschäft ein und lockert die Gebührenschraube." Genauso kam es. Bis dahin hatten Wertpapierkunden oft mehr als ein Prozent des Auftragswerts an Provision für Aktienkäufe zahlen müssen, zudem hohe Mindestgebühren. Irrsinnig teuer nach heutigem Verständnis.

Im Mai und Juni 1994 gingen zuerst die Direkt Anlage Bank (später DAB Bank) und dann Consors (später Cortal Consors), damals eine Filiale der heute nicht mehr existenten Schmidtbank, an den Markt. Die DAB bot "Aktiengeschäfte zum halben Preis", dafür keine Beratung. Inzwischen gehören DAB und Consorsbank zur französischen Großbank BNP Paribas.

BÖRSE ONLINE sprach mit zwei Mitarbeitern der ersten Stunde und dem aktuellen Unternehmenschef über Vergangenheit und Zukunft des Brokerage. Klaus Beck war offiziell Mitarbeiter Nummer 5 bei Consors und baute das erste Kunden- und das erste Tradingteam auf. Seit 2016 leitet er den Bereich Trading und Qualitätsmanagement.

Silke Harmeling war Mitarbeiterin Nummer 74 der DAB und leitete den Bereich Produktmanagement Fonds, den sie ab Juli 1994 aufbaute. Heute arbeitet sie in der internationalen Personalabteilung. Sven Deglow kam 2018 von der Comdirect und ist heute Chef der Consorsbank.

Börse Online: Was reizte Sie daran, bei einem solchen Start-up, wie man heute sagen würde, mitzumachen?
Silke Harmeling: Ich war vorher schon bei zwei Neugründungen von Fondsgesellschaften der Hypo-Bank mit dabei gewesen und hatte gute Erfahrungen gemacht. Diesen Neustart fand ich besonders spannend, das Geschäftsmodell - keine Filialen, keine Beratung und die Kostenvorteile daraus an die Kunden weitergeben - war ja leicht zu erklären. Die Idee war wirklich revolutionär in Deutschland, daher war es nicht schwer, mich dafür zu begeistern.

Was ist Ihnen an Ihrem ersten Arbeitstag aufgefallen, was war der größte Unterschied zum traditionellen Bankgeschäft?
Harmeling: Schon allein das Auftreten der Leute war anders: kein Schlips und Anzug, sondern im Sommer gern kurze Hosen. Und dann die fehlende Ordnung auf den Schreibtischen, das war anfänglich Chaotik pur, denn es war offensichtlich ganz viel zu tun. Mit einer verkrusteten Bank, wie man sie vorher kannte, hatte das nichts zu tun.

Herr Beck, wollten Sie damals auch Teil einer Revolution sein?
Klaus Beck: Während meiner Ausbildung bei der Schmidtbank entdeckte ich mein Interesse am Wertpapiergeschäft. Und dann erlebte ich, dass ein Kollege einer 78 Jahre alten Dame einen Bausparvertrag verkaufte, der komplett unpassend war. Da dachte ich mir: Nein, das ist nicht meine Welt. Ein paar Tage später musste ich ein Rundschreiben abzeichnen, wie man das damals noch so machte. Es informierte darüber, dass in Nürnberg Consors neu gegründet wird, mit dem Ziel, das Wertpapiergeschäft zu revolutionieren. Da fragte ich meinen Chef, ob ich mir das ansehen dürfte, und fuhr nach Nürnberg.

Wie war Ihr Eindruck?
Beck: Da saßen junge Leute nicht in edlem Zwirn, sondern mit Turnschuhen, nicht an Schreibtischen, sondern an alten Küchen­tischen. Computer gab es noch kaum, dafür ein paar Faxgeräte. Später dann sind wir mal zum Baumarkt gefahren und haben Holz­platten gekauft, um uns Boxen für die telefonische Kundenbetreuung zu bauen. Das war natürlich irre. Jeder machte, was gerade anfiel. Das Tätigkeitsspektrum war extrem breit, und man bekam einen guten Überblick über alles. Von traditionellen Bankern wurden wir extrem belächelt. Wir hatten keine große Unterstützung, das hat uns als Team zusammengeschweißt und unseren Ehrgeiz geweckt.

Herr Deglow, wann hatten Sie den allerersten Kontakt zu Discountbrokern?
Sven Deglow: Genau weiß ich es nicht mehr, aber ich wurde früh Kunde von Consors. Ich habe erst letztens die Karte wiedergefunden: "Sie werden betreut von Team Grün". Wie ich nun weiß, war es das zweite Kunden­betreuungsteam, das eingerichtet wurde.

Frau Harmeling, Sie haben den Fonds­vertrieb bei der DAB mit aufgebaut, die schon zum Start 50 Prozent Rabatt auf den Ausgabeaufschlag von Fonds bot. Mussten Sie dafür bei den Banken viel Überzeugungsarbeit leisten?
Harmeling: Anfangs ja. Bei der Muttergesellschaft war das nicht so schwer, weil sie die Wachstumschancen sah. Aber damals hatte jede Bank ihre eigene Fondsgesellschaft, und nur deren Produkte und keine fremden wurden verkauft. Daran hat man schön verdient. Discountbrokerage gab es allerdings schon in den USA. Die dortigen Fondsgesellschaften waren sehr offen für unsere Idee. Wir wussten daher, dass man ein gutes Geschäft machen kann. Später wurde unser Fondsmarkt dann ein Selbstläufer, in den die Anbieter gerne hineinwollten.

Alle? Die Deka, die Fondsgesellschaft der Sparkassen, zierte sich doch.
Deglow: Das stimmt. Noch heute kann man die Deka-Fonds bei uns nur verwahren, aber nicht kaufen.

Wie lief denn der Kundenkontakt ab? Anfänglich gab es ja noch kein Internet, über das die Orders bei der Bank ankamen.
Beck: Die Kunden riefen an, aber das meiste Geschäft lief damals bei Consors über Fax. Wir hatten damals das sogenannte Ferrari-­Fax. Das hieß so, weil es besonders schnell war: Ein Kunde hat uns einen Auftrag gefaxt, wir haben ihn abgetippt ins Ordersystem, und dann kamen einmal am Tag die Orderausführungen zurück. Die haben wir dann eingegeben in unser Ferrari-Fax, und darüber hat der Kunde dann seine Auftragsausführungen geschickt bekommen. Das war natürlich damals nicht der Echtzeithandel an der Börse, wie wir ihn heute kennen. Zu bestimmten Zeitpunkten wurden alle vorliegenden Orders per Knopfdruck an die Börse geroutet. Und der Börsenhandel auf dem Parkett in Frankfurt lief von 10.30 bis 13.30 Uhr, das ist heute unvorstellbar.

Was für Leute kamen als Kunden? 
Beck: Es war extrem spannend. Es kamen viele junge Leute, aber auch ältere. Und die sind zum Teil bei uns persönlich aufgetaucht und brachten Plastiktüten voll Geld mit. Mit denen konnten wir dann glücklicherweise zur Filiale der Schmidtbank gehen, haben es dort einbezahlt und dann zu uns transferiert. Kleine Anekdote am Rande: Das Geld kam nicht nur in Plastiktüten, eine Dame hatte allen Ernstes einige Scheine im BH dabei.

War das Schwarzgeld? Warum haben die das Geld nicht einfach überwiesen?
Beck: Manche haben das Geld bei ihrer alten Bank abgehoben, weil sie nicht wollten, dass die erfährt, dass sie fürs Wertpapiergeschäft zu uns wechseln. Per Bareinzahlung konnten sie das Geld unkompliziert zu einem New­comer bringen, ohne Fragen vom alten Berater gestellt zu bekommen.

Wann wurde das Internet zum Hauptkanal?
Harmeling: Irgendwann 1996 stand ein Computer in unserem Büro, da scharten wir uns alle darum herum und haben uns dieses "World Wide Web" angeschaut: Da schreibt einer in Amerika was rein, und ich kann das jetzt hier sehen? Das war faszinierend. Beck: Der erste beherrschende Onlinekanal war ja BTX, das war so ab 1995. Als es 1996 mit dem Internet bei uns losging, dachte ich zuerst: So was braucht kein Mensch. Aber dann ging alles rasend schnell.

Was sind aus Kundensicht die größten Verdienste der Broker in den 25 Jahren?
Deglow: Heute redet man ja viel über Fintechs und inwieweit sie disruptiv wirken, aber wenn etwas disruptiv war, dann die Idee der Discountbroker. Sie haben erstmals das Kundensegment der Selbstentscheider angesprochen und in der Breite Zugang zu Wertpapieren ermöglicht. Vorher gab es das nur für ausgewählte Kunden in der Beratung.

Eine wichtige Neuerung war ja das kostenlose Depot. Welche Services für Kunden gab es vor 25 Jahren noch nicht? 
Beck: Umgekehrt sollte man fragen: Was gab es eigentlich vor 25 Jahren? Damals gab es ein bisschen Geschäft mit den Fondsgesellschaften der Banken und einen Aktienhandel, bei dem man in der Frühe eine Order aufgegeben hat und erst am nächsten Tag die Ausführungsbestätigung bekam. Wenn man das Papier wieder verkaufen wollte, wartete man wieder. Intraday-Handel? Außerbörslicher Handel mit direkt angebundenen Emittenten? Fehlanzeige. Es gab kein selbstbestimmtes Anlegen, weil kein Berater Interesse daran hatte, einfach nur eine Order vom Kunden entgegenzunehmen. Es gab einen Optionsscheinhandel für einen ganz kleinen Kundenkreis, vom Handel an Terminbörsen gar nicht zu reden. Ohne Discountbroker, wie wir damals genannt wurden, gäbe es den Wertpapierhandel in der heutigen Breite nicht.

Das Verdienst ist also die "Demokratisierung der Börse", wie es Consors-Gründer Karl Matthäus Schmidt einmal sagte? Auf der anderen Seite spielte Ihnen aber auch der Börsenboom der Dotcom-Ära zur Jahrtausendwende in die Hände 
Beck: Ja, es herrschte Goldgräberstimmung. Der Markt hat uns absolut in die Hände gespielt. Doch es ist wie beim Henne-Ei-Prinzip. Hätte es die Marktblase ohne Onlinebroker so gegeben, oder hätten sich umgekehrt die Onlinebroker ohne die Marktentwicklung so gut entwickelt? Das ist schwer zu beantworten. Harmeling: Interessant ist eher, dass den Brokern nach dem Absturz der Internetwerte nicht der Saft abgedreht wurde, sondern das Prinzip überlebte, und das in einem Land wie Deutschland, das nicht gerade wegen seiner Aktienkultur heraussticht.

Wie schaut es denn heute aus? Damals waren Sie die Disruptoren, auch wenn man das noch nicht so nannte. Heute haben wir Fintechs und Broker mit sehr günstigen Konditionen wie Degiro und Neugründungen wie Trade Republic oder Justtrade, wo man kostenlos handelt. Sind Sie heute die Dinos - und fühlen sich bedroht?
Deglow: Nein, warum bedroht? Erst mal bleibt abzuwarten, wie die Neuen von Kunden angenommen werden. Sie haben ja kein vollständiges Angebot, wir hingegen haben ein rundes Angebot mit sehr vielen Produkten, Börsen und Services. Im Ausland gibt es ja schon länger Broker, die kostenlose Trades anbieten. Dort sieht man auch, dass die Etablierten weiter am Start sind.

Bitte nehmen Sie uns die Bemerkung nicht übel, aber Sie reden gerade so, wie der Dresdner-Bank-Chef 1994 argumentiert haben könnte - als Platzhirsch, der die Revolution nicht verstanden hat.
Deglow: Mit Consors und der DAB haben wir 50 Jahre Wertpapiererfahrung unter einem Dach, das halte ich schon für ein großes Asset.

Robo-Advisors, also Anbieter von digitalen Vermögensverwaltungen, ziehen viel Kapital an. Wenn heute ein jüngerer Mensch erwägt, sein Vermögen verwalten zu lassen, dann muss es wohl eine digitale Lösung für ihn sein. Warum sollte der zu Ihnen kommen? Sie haben noch keinen Robo. 
Deglow: Wir arbeiten an einem. Man muss sich aber genau anschauen, für wen wir den eigentlich bauen, wie er aussehen und was er können soll. Deswegen lassen wir uns bewusst etwas Zeit. Ob der Markt wirklich so stark wächst, muss man sehen. Ich höre seit fast zwei Jahren, dass er um die drei Milliarden Euro groß ist. Bei Consorsbank und DAB liegen in den Depots dagegen fast 90 Milliarden Euro. Im Übrigen müssen wir noch ein neues Wort für Robo-Advisor finden, der Begriff ist unglücklich. Es fehlt den Kunden das menschliche Element. Menschen trauen Robotern nicht. Sie denken an eine Figur aus einem Fantasyfilm, der für sie die Beratung macht.

Das klingt zu kaltherzig? Aber der Name passt: ein Algorithmus für systematisches Anlegen, der auf Teufel komm raus angewendet wird. Er schafft für verschiedene Menschen verschiedene Lösungen, aber die Lösungen selbst sind fix. 
Deglow: Das ist richtig, aber der Begriff Robo-Advisor gibt eine ingenieursmäßige Sicht wieder und nicht die Kundensicht.

Braucht es also noch Menschen in der Anlageberatung - und vielleicht auch Filialen?
Beck: Filialen braucht man nicht, es lässt sich alles über die Technik abwickeln. Die Kunden haben sich ja bewusst für eine Onlinebank entschieden. Wenn ich von mir ausgehe, wüsste ich nicht, wann ich das letzte Mal in einer Filiale war. Ich bin aber davon überzeugt, dass man den persönlichen Kontakt braucht. Wenn ich ein Thema habe, möchte ich anrufen können, um es zu klären. Das wird immer so sein, es geht nun mal um Geld.

Welche Trends werden wir zum 30. Geburtstag diskutieren?
Harmeling: Das ist schwer zu sagen, die Trends wechseln immer schneller, vor 25 Jahren ahnte man nicht, dass es mal ein iPhone geben würde.

Haben wir dann vielleicht gar kein Onlinebanking über Computer mehr? Weil alles nur noch über Smartphones oder Sprachboxen läuft, die ihre Mikrofone - die Stasi lässt grüßen - immer auf Empfang haben?
Beck: Der Trend zu mobilen Endgeräten ist nicht aufzuhalten. Ich wage aber zu bezweifeln, dass sie Desktop oder Laptop ersetzen. Auch unsere aktiveren Kunden nutzen mobile Geräte eher zur Information, aber wenn es ans Traden geht, dann sind große Rechner komfortabler. 
Deglow: Die Tools und Anwendungen im Trading sind zu anspruchsvoll, als dass sie in fünf Jahren auf dem Smartphone laufen. Wenn wir aber an Sparanlagen denken, dann werden sie sich viel einfacher als heute auf dem Smartphone abschließen oder verwalten lassen. Gerade im Zahlungsverkehr und im Banking geht alles Richtung Smartphone. Beim Thema Sprachboxen gibt es noch einige ungelöste Fragen zu Datenschutz und Sicherheit, sodass man noch nicht sagen kann, der Durchbruch sei schon da. Aber die Anwendungen nehmen immer mehr zu.

Bei manchen Konkurrenten kann man kostenlos traden - irgendwann auch bei Ihnen?
Deglow: Wir haben attraktive Konditionen. Dass Traden künftig kostenlos sein muss, glaube ich nicht. Bei den Neuen kann man beobachten, dass zum Ausgleich der kostenlosen Trades ordentliche Gebühren für Sonderleistungen genommen werden, etwa bei Umschreibungen im Aktionärsregister oder beim Versand von Einladungen zu Hauptversammlungen.

Wie wichtig wird künstliche Intelligenz im Banking werden?
Deglow: Bei Internetsicherheit und Betrugserkennung läuft schon heute nichts mehr ohne. Im Kundenkontakt steht das noch am Anfang. Gut möglich, dass in fünf Jahren kleinere Beratungen auf dieser Basis laufen.

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