Auf dem Gipfel des Bitcoin-Hypes

TiAM FundResearch blickt auf die Woche zurück und gibt einen Ausblick auf die kommenden Tage. Diesmal im Fokus: die Krypto-Kehrtwende der Sparkassen.

14.07.2025 | 07:30 Uhr von «Matthias von Arnim»

Rückblick auf die vergangene Woche

Der Handel mit Kryptowährungen ist riskant. Die hohe Volatilität und die vergleichsweise geringe Liquidität an den Kryptobörsen machen Bitcoin und andere virtuelle Währungen zu reinen Spekulationsobjekten. Weil das so ist, sahen die Spitzengremien des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV) bislang ihre Aufgabe darin, „Kundinnen und Kunden vor unkalkulierbaren Risiken zu schützen“. Wer Kryptowährungen handeln will, läuft bei den Sparkassen noch gegen verschlossene Türen. Doch damit soll jetzt Schluss sein. Kunden können demnächst über ihre Sparkassen-App auch Kryptowährungen handeln. Sparkassen-Präsident Ulrich Reuter hat in der vergangenen Woche in einem Gespräch mit dem Handelsblatt den Kurswechsel seines Verbandes erklärt. „Umfragen haben gezeigt, dass ein nennenswerter Teil unserer Kundschaft Interesse am Bitcoin und anderen Kryptowährungen hat, manche haben diese auch bereits über andere Anbieter gekauft“, so Reuter. Sogar die Volks- und Raiffeisenbanken sind zuletzt auf den Zug aufgesprungen. Vermutlich war dies der ausschlaggebende letzte Tropfen für die Sparkassen, die mittlerweile auf vielen Ebenen – insbesondere im Anlagegeschäft im Wettbewerb mit Online-Banken und Neo-Brokern – um jeden Kunden kämpfen müssen. Der Marktanteil von Sparkassen, Landesbanken und dem Wertpapierhaus Deka im Wertpapiergeschäft sinkt seit Jahren. Jetzt will man offensichtlich wenigstens mit dem Kryptogeschäft ein wenig aufholen. Schließlich wollten es die Kunden ja, so die Argumentation.

Nun, die einen nennen so etwas Abstimmung mit den Füßen, die anderen nennen es Opportunismus. Hand aufs Herz: Etwas zu tun, weil andere es auch tun, ist kein besonders gutes Argument. Wenn jemand über eine rote Ampel geht, weitere ihm folgen, noch weitere die Straße betreten, weil viele vor ihnen es ja auch schon gemacht haben und der Letzte im Pulk überfahren wird… Wer trägt dann die Schuld? Im Zweifel derjenige, der den Verunglückten auf die Straße geschubst hat. In diesem Fall wären es die Sparkassen.

Damit dieser Eindruck nicht entsteht, sollen „die Sparkassen ihre Kunden auch nicht zu Kryptowährungen beraten, sondern deutlich vor den damit verbundenen Risiken warnen“, so Reuter. Immerhin. Aber ob das den Sparkassen hilft, Kunden zu halten? Wenn man kurz vor Sylvester polnische Böller verkauft, mit dem Hinweis, dass man damit bitte vorsichtig umgehen solle, dann fragt nach der Explosion in der Hand niemand den Händler danach, ob dieser die Käufer vor der Anwendung der Böller gewarnt habe.

Nun könnte man argumentieren, der Vergleich hinke. Es müsse ja beim Bitcoin nicht dazu kommen, dass da etwas explodiere. Das ist richtig. Sogar das Gegenteil ist der Fall: Beim Platzen einer Investment-Blase handelt sich genau genommen um eine Implosion. Doch dass diese nicht passieren müsse, wäre kein gutes Argument. Ganz und gar nicht. Denn Crashs sind selbstverständlich. Sie sind natürlicher Teil des Kapitalmarktes. Eine Hausse funktioniert immer nur so lange, bis sie nicht mehr funktioniert. Dann folgt der Absturz. Immer. Das gilt für Aktien, Anleihen, Immobilien und alle anderen Anlageklassen. Und auch für den Bitcoin. Für diesen nicht durch Zufall immer wieder. Denn dieses Krypto-Asset taugt zu nichts. Es wirft keine Zinsen und Dividenden ab. Es produziert nichts außer Stromkosten. Und bezahlen kann man damit weitestgehend nur illegale Waren, fragwürdige Dienstleistungen und Erpressungsforderungen. Zu mehr ist der Bitcoin auch gar nicht fähig. Als weltweites Zahlungsmittel wäre das System aus mehreren Gründen überfordert.

Was auch nicht vergessen werden sollte: Der jüngste Kurs-Aufschwung des Bitcoins hat nicht zuletzt mit der Abwertung des US-Dollar zu tun. Auf US-Dollarbasis hat die Kryptowährung aktuell ihren historischen Höchststand erreicht. In Euro gerechnet, kostet ein Bitcoin jedoch heute nur genau so viel wie Anfang des Jahres. Europäische Anleger, die zu diesem Zeitpunkt schon in Bitcoins investiert hatten, mussten zudem miterleben, wie die Kryptowährung zwischenzeitlich 27 Prozent an Wert verlor. Nur wer die Nerven behielt und nicht in Panik verkaufte, sieht jetzt wieder eine schwarze Null auf seinem Kryptokonto. Ergo: Der Handel mit virtuellen Währungen ist eben nichts für schwache Nerven. Die Frage ist, ob ausgerechnet Sparkassenkunden über besonders starke Nervenkostüme verfügen. Und warum die Sparkassen sich ausgerechnet jetzt, auf dem Höhepunkt des Bitcoin-Hypes, entschieden haben, ihre Kunden bei leuchtend roter Ampel als letzte auf die Straße zu schubsen.

Interessante Termine in den kommenden Tagen

Am Dienstag veröffentlicht Chinas Statistikamt die Wachstumszahlen für das zweite Quartal. Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt spielt eine wichtige Rolle für den globalen Handel und die Weltwirtschaft. Im vergangenen Jahr hatte die chinesische Wirtschaft mit der Immobilienkrise, globalen Handelskonflikten und der schwachen Inlandsnachfrage zu kämpfen. Die Regierung in Peking kündigte nun weitere Unterstützungsmaßnahmen an. Mit anderen Worten: Der chinesische Staat schiebt seine Wirtschaft mit neuen Schulden an. Das Rezept ist nicht neu und wird derzeit übrigens auch in den USA und Europa angewendet. Es bleibt spannend, was das auf lange Sicht mit dem Rentenmarkt macht.

Am Mittwoch wird vor Gericht das Urteil zu einer Rabatt-Unterlassungsklage der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg gegen Penny verkündet. Hintergrund: Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg geht juristisch gegen die Werbung für Rabatte von Discountern bei Nutzung von deren Apps vor. Die Verbraucherschützer sehen einen möglichen Verstoß gegen die Preisangabenverordnung. Mit Lidl gab es Anfang April einen außergerichtlichen Vergleich. Laut VZ verpflichtete Lidl sich dabei zu klaren Preisangaben. Jetzt bleibt nur noch zu klären, warum sich ausgerechnet die Verbraucherzentrale gegen Verbraucherrabatte wehrt…

Am Donnerstag fällt das Landgericht Kiel im Streit um den Produktnamen „Likör ohne Ei“ sein Urteil. Es geht um die Frage, ob ein Likör, der kein Eierlikör ist, mit der Bezeichnung Ei benannt werden darf. Hoffentlich wird diese Frage in Kiel endlich zweifelsfrei beantwortet. Dann kann endlich geklärt werden, ob man jemanden als Schnapsdrossel bezeichnen darf, obwohl er oder sie den Schnapskonsum nicht drosselt.

Am Freitag veröffentlicht die University of Michigan ihre Verbraucherumfrage zur Inflationserwartung der US-Bürger. Das Ergebnis der Umfrage wird von der Fed bei der Berechnung ihres vierteljährlichen Index der allgemeinen Inflationserwartungen herangezogen. Aktuell gehen die US-Verbraucher auf Jahressicht von einer Preissteigerungsrate von fünf Prozent aus, auf Fünfjahressicht von durchschnittlich vier Prozent. Diese Erwartung ist wohl nicht ganz unrealistisch. Sollte es tatsächlich so kommen, und sollte Donald Trump im kommenden Mai einen loyalen Kandidaten auf den Fed-Stuhl hieven, der den Leitzins wie von Trump gewünscht auf ein Prozent senkt, dann stünde den US-Bürgern bald eine massive Enteignung ihrer Ersparnisse bevor. Ob das auch allen MAGA-Jüngern bewusst ist?

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