La Financière de L‘Echiquier: Befremdliche Zuversicht an den Aktienmärkten

Foto: Olivier de Berranger, Chief Investment Officer und Enguerrand Artaz, Cross Asset Manager La Financière de L‘Echiquier.
Aktienmarkt

Ist der schwelende Handelskrieg zwischen den USA und China für Anleger schon fast zur Gewohnheit geworden, fragt sich Olivier de Berranger, Chief Investment Officer bei La Financière de l’Echiquier (LFDE). In jedem Fall wirft das „selbstgefällige Verhalten der Aktienmärkte in der vergangenen Woche“ diese Frage auf.

17.07.2018 | 10:10 Uhr

Sollten Anleger den Handelskrieg allmählich als gegeben ansehen, mit dem sie fortan leben müssen? Oder verschließen sie sich vehement der durchaus reellen Möglichkeit, dass es zu einer Eskalation kommen könnte? Diese Fragen drängen sich in jedem Fall durch das besonders selbstgefällige Verhalten der Aktienmärkte in der vergangenen Woche auf. Am vergangenen Montag erholten sich die wichtigsten Indizes vor allem in Asien deutlich, obwohl kurz vor dem Wochenende von den USA und China offiziell gegenseitige Zölle auf Importe im Wert von 34 Milliarden US-Dollar verhängt wurden. Vielleicht rechneten manche Anleger damit, dass die offizielle Verhängung der US-Zölle eine chinesische Überreaktion oder neue Ankündigungen von Donald Trump auslöst. 

Am Mittwoch wurde diese Dynamik jedoch durch die Veröffentlichung einer neuen Liste mit chinesischen Importwaren im Wert von 200 Milliarden US-Dollar, die ab September unter Umständen mit 10 % verzollt werden, schlagartig gebremst. Die Veröffentlichung dieser Liste kam jedoch nicht überraschend, da Donald Trump seinen Handelsbeauftragten mehrmals darum ersucht hatte. Es wird hierüber eine zweimonatige öffentliche Anhörung geben, sodass Zeit für die Aufnahme von Verhandlungen bleibt. Daher legten die Märkte rasch wieder zu. Dies geschah aus mehreren Gründen: zum einen aufgrund der sehr positiven Äußerungen des US-Präsidenten auf dem NATO-Gipfel (auch wenn deren wahre Wirkung auf die Wirtschaft bezweifelt werden darf), zum anderen aufgrund der Gerüchte um die Wiederaufnahme von Verhandlungen zwischen China und den USA, die die Möglichkeit einer konstruktiven Einigung wahren, und zu guter Letzt die Hoffnung auf über den Erwartungen liegende Unternehmensergebnisse in den USA, vor allem bei Technologietiteln. 

Der letzte Punkt ist wichtig. Auch wenn die weitere Entwicklung im Handelskrieg und Donald Trumps Aussagen kaum vorhersehbar sind, darf man dennoch annehmen, dass die Berichtssaison der Unternehmen in den nächsten Wochen der wichtigste Marktkatalysator sein wird. Die Berichtssaison, die in den USA am Mittwoch mit PepsiCo begann, war am Freitag mit den großen Banken in vollem Gange und setzt sich mit den Technologiewerten fort. 

Sie sind die großen Gewinner des ersten Halbjahres und werden unter besonderer Beobachtung stehen. Sind die Ergebnisse zufriedenstellend, wird die vom Markt in der vergangenen Woche an den Tag gelegte Zuversicht noch verstärkt. Es könnte zu einigen Gewinnmitnahmen kommen, die die aktuelle Erholungsdynamik bei Aktien allerdings nicht infrage stellen werden. Sind die Ergebnisse hingegen enttäuschend, werden die Folgen wegen der Bewertungen und der massiven Konzentration von Anlagen in diesen Werten gravierend sein. Ganz gleich, in welche Richtung das Pendel schwingt, wird dies zumindest einen Vorteil haben: Wir werden uns wieder auf die Fundamentaldaten der Unternehmen konzentrieren können.


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