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ESG

Baillie Gifford: Warum das „S“ in ESG oft falsch gemessen wird

Viele Emerging-Markets-Unternehmen schneiden bei den ESG-Rating zu schlecht ab, weil das „S“ in ESG häufig falsch gemessen wird. Das illustriert Abhishek Parajuli von Baillie Gifford anhand der indischen Reliance-Gruppe.

27.05.2021 | 12:40 Uhr von «Abhishek Parajuli»

Ein Kommentar von Abhishek Parajuli, Junior Investment Manager bei Baillie Gifford:

„Als ich in den frühen 2000er Jahren in Indien aufwuchs, war ein Telefonat ein Luxus. Auch Daten waren unerschwinglich. Noch 2015 kostete ein Gigabyte 3 Dollar – und das in einem Land, in dem der durchschnittliche Tageslohn 3,70 Dollar betrug. Doch im Jahr 2016 änderte sich alles. Plötzlich kostete die Übertragung eines Gigabyte nur noch 9 Cent – so wenig wie nirgends auf der Welt – und Inlandsgespräche wurden kostenlos.

Millionen von Menschen drängten darauf, miteinander verbunden zu werden, und in ländlichen Gebieten, wo die ärmsten Inder leben, verdreifachte sich der Internetzugang über Nacht. Landwirte konnten nun anrufen und die Getreidepreise abfragen, und Familien konnten mit den Millionen von Wanderarbeitern, die in den großen Städten arbeiten, in Kontakt bleiben.

Seitdem ist ein ganzes Technologie-Ökosystem auf der Basis dieses Paradigmenwechsels gewachsen. Die meisten indischen Start-ups, die ich getroffen habe, bezeichnen die Datenrevolution 2016 als Wendepunkt für ihr Geschäft.

Aber was geschah eigentlich im Jahr 2016? Mukesh Ambani, ein indischer Tycoon, steckte Milliarden aus seinem Ölkonzern Reliance in eine neue Datentochter namens Jio. In drei Jahren sammelte er 400 Millionen Kunden an, und Indien wurde ins Internetzeitalter katapultiert.

Selten in der Geschichte hat ein einzelnes Unternehmen so viel Einfluss auf die Gesellschaft gehabt. Und doch ist die Aktie in der Welt der ESG-Ratings ganz unten in der Rangliste. Sustainalytics, ein führender Anbieter von Ratings für Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien, stuft Reliance als „hohes Risiko” ein. RepRisk gibt ihr ein mickriges CCC.

Wie kann ein Unternehmen, das das Leben von Hunderten von Millionen Menschen verändert hat, in der ESG-Abstellkammer landen? Der Grund ist einfach: Das S in ESG ist oft stumm. Weil sozialer Wandel schwer zu messen ist, wird er häufig ignoriert. Infolgedessen bestrafen ESG-Analysten Unternehmen, die Probleme mit der Unternehmensführung und der Umwelt haben, selbst wenn sie die Gesellschaft vollständig umgestalten.

Denn es ist relativ einfach, die direkten Kohlenstoffemissionen eines Unternehmens zu messen und die seiner Energieversorger oder sogar seiner Lieferkette hinzuzurechnen. Am Ende hat man dann eine ordentliche Zahl, die man präsentieren kann.

Auch Governance-Kennzahlen passen in ein Formular, mit netten Kästchen für die Erfahrung oder die Vielfalt eines Vorstands. Finden Sie die Antwort, kreuzen Sie das Kästchen an und rücken Sie vor zum nächsten Feld.

„Multiple Choice“-Fragebögen taugen nicht für das „S“ in ESG

Das gilt nicht für soziale Kennzahlen und Maßstäbe. Versuchen Sie, den Nutzen des Technologie-Ökosystems zu messen, das auf den Daten von Reliance aufgebaut wurde. Oder versuchen Sie, den Einfluss dieses Technologie-Ökosystems auf den Online-Unterricht und das Gesundheitswesen während der Pandemie zu beziffern. Das können Sie nicht; es gibt keine sauberen Zahlen.

Eine korrekte ESG-Analyse hingegen muss tief in das einzelne Unternehmen hineinschauen und verlangt viele und kompetente Ressourcen. Die quantitativen Ansätze von Ratinganbietern und Indexanbietern zu ESG mögen tatsächlich nützlich sein, um auf Probleme hinzuweisen. Aber sie können nie mehr als ein Input sein und nie direkt zur Erstellung von Portfolios für diejenigen verwendet werden, die es ernst meinen mit den Herausforderungen der Welt.

Der Blick auf engere Metriken für das S im ESG – wie etwa Datenschutz oder Mitarbeitervergütung – deckt wichtige Themen ab, kommt aber nicht annähernd an das heran, was wir fragen sollten: Ist die Gesellschaft besser dran, weil es dieses Unternehmen gibt?

Dieses Problem ist besonders akut, wenn Sie in Schwellenländern investieren. Unternehmen in Entwicklungsländern haben manchmal laxere Governance-Standards oder die Messung von Emissionen kann schwieriger sein, weil die Lieferketten nicht kartiert sind. Und doch sind dies die Orte, die das meiste Kapital für die Entwicklung benötigen.

Quantitative ESG-Analysten, die nur auf leicht beobachtbare Datenpunkte fixiert sind, würden uns dazu bringen, diese Unternehmen zu ignorieren und unser Kapital für politisch korrektere Alternativen in den entwickelten Volkswirtschaften zu horten. Wir sind vielleicht „ESG-konformer”, wenn wir das tun, aber wir ersticken genau die Unternehmen, die wir unterstützen sollten, um den Fortschritt voranzutreiben.

Das aktuelle System ist nicht nur fehlgeleitet, sondern auch ungenau. Verschiedene ESG-Analysten können ein und dasselbe Unternehmen betrachten und zu widersprüchlichen Schlussfolgerungen kommen: Eine MIT-Studie fand heraus, dass die Scores der führenden ESG-Anbieter eine Korrelation von nur 0,61 aufweisen. Die OECD sagt, dass sie mit 0,4 sogar noch niedriger ist.

Zum Vergleich: Zwischen den Noten von Kreditrating-Agenturen gibt es geradezu perfekte Korrelationen von annähernd 1. Die Anbieter selbst haben unterschiedliche Methoden und die Ratings sagen uns vielleicht tatsächlich nur unterschiedliche Dinge: Der entscheidende Punkt ist, dass quantitative Ansätze uns nicht definitiv zu „guten” oder „schlechten” Unternehmen führen.

Nichts davon ist ein Argument gegen die Idee des ESG-Investierens. Jeder langfristige Investor muss sich um die Auswirkungen kümmern, die ein Unternehmen auf alle seine Stakeholder hat. Es ist nicht einmal ein Argument dafür, dass Reliance definitiv ein ESG-freundliches Unternehmen ist; Reliance hat immerhin ernsthafte ökologische Herausforderungen in seinem Geschäftsfeld mit fossilen Brennstoffen.

Aber ein System, das verhindert, dass Kapital in die innovativsten Unternehmen oder die bedürftigsten Länder fließt, ist kaputt. Wir müssen es reparieren. Wenn wir versagen, werden die Ärmsten der Welt den Preis dafür zahlen."

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